Generative AI meets Corporate Metaverse

Beitrag von Markus Herkersdorf, TriCAT GmbH

Der Hype um Metaverse scheint durch den kometenhaften Aufstieg von Generativer KI bereits wieder verdrängt. Tatsächlich aber liegt gerade in der Verbindung beider Themen eine verheißungsvolle Zukunft.

Eine Zukunft, die durch die fortschreitende Virtualisierung unserer gegenständlichen Welt und der neuen, schöpferischen Kraft von Künstlicher Intelligenz entsteht. Eine Zukunft, mit Auswirkungen auf unsere gesamten Wertschöpfungsprozesse, Geschäftsmodelle und die Art wie wir arbeiten, zusammenarbeiten und lernen. Eine Zukunft, die bereits begonnen hat. Eine Zukunft, der wir uns deshalb schnell stellen sollten, indem wir Technologiefelder wie Virtuelle Welten, Extended Reality (XR), Virtual Humans, Digitale Zwillinge und KI/Generative KI verstehen, ihre Potenziale erkennen und in konkrete Anwendung umsetzen. Nicht wie bisher, in zumeist isolierten, experimentellen Ansätzen, sondern auf Basis einer klaren Corporate Metaverse Strategie mit organisationsweiter Implementierung.

Vision Metaverse

Der Begriff Metaverse wurde 1992 durch Neal Stephenson im Zuge seines Romans Snow Crash erstmalig geprägt. Matthew Ball, als einer der führenden Experten, beschreibt seine Vorstellung eines Metaverse als „massiv skaliertes und interoperables Netzwerk von in Echtzeit gerenderten virtuellen 3D-Welten, die synchron und dauerhaft von einer praktisch unbegrenzten Anzahl von Nutzern mit einem individuellen Gefühl der Präsenz und mit einer Kontinuität der Daten wie Identität, Geschichte, Berechtigungen, Objekte, Kommunikation und Zahlungen erlebt werden können.“ Alleine die hierfür benötigte Rechenleistung übersteigt die derzeit verfügbare bei Weitem. Das Metaverse bleibt auf absehbare Zeit Utopie.

Keine Utopie sind jedoch milliardenschwere Umsätze, die im Kontext von Metaverse Aktivitäten bereits erzielt werden. Laut Statista Market Insights [1] beträgt der Marktwert im Jahr 2023 52,1 Mrd. EURO und für 2030 werden sogar rund eine halbe Billion EURO prognostiziert. Erst jüngst hat auch die EU-Kommission reagiert und eine eigene Metaverse Strategie [2] veröffentlicht. In Deutschland entstehen auf Ebene des Bundes und der Länder die ersten Metaverse-Initiativen. Und auch verschiedene Großunternehmen haben bereits ihre Metaverse-Strategie formuliert.

Zukunftsfähigkeit herstellen – die Corporate Metaverse Perspektive

Während das eine Metaverse vorerst Vision bleibt, stellen UnternehmensMetaversen eine einzigartige Chance für Unternehmen und Organisationen jeder Größe und Branche dar. Etwas abstrakt formuliert, bildet ein Corporate Metaverse Unternehmen und Organisationen – zusätzlich zur physisch-realen Existenz – in einer virtuell-gegenständlichen Dimension ab. Aktuell noch punktuell und in unvollständigen Ausschnitten – etwa als virtueller Showroom oder als Virtual 3D Classroom oder als avatarbasierte Meetingumgebung. Aber auch mit deutlich weitreichenderen Perspektiven, wie vollständig virtualisierten Produktionsumgebungen oder auch ganzen Stadtquartieren in virtueller Form.

In Erweiterung unserer physisch-gegenständlichen Welt, entsteht eine virtuell-immersive Welt, die wir – repräsentiert durch Avatare – in einer präsenzähnlichen Erfahrung jederzeit und von überall her betreten und darin (inter) agieren können. Diese neue Welt kann aus räumlichen Elementen bestehen, die real-physischen Umgebungen im Detail entsprechen oder auch fiktionale Umgebungen enthalten, die optimal für ihre Nutzungszwecke geschaffen und ausgestattet sind. Ebenso kann diese Welt virtuelle Zwillinge real-physischer Objekte beinhalten wie auch fiktionale Objekte, die nicht zwingend eine physische Entsprechung haben müssen (etwa virtuelle Mode/Accessoires – mit milliardenschweren Umsätzen bereits heute).

Die Auswirkungen sind weitreichend. Zunehmend werden sich ganze Wertschöpfungsketten in diesen Corporate Metaversen abbilden: vom Kreationsprozess über Planung, Entwurf, (in Teilen) Fertigung und Montage, Marketing, Schulung und Training, Support sowie Sales und Aftersales. Durch die Möglichkeiten, Zulieferer, Partner und Kunden, aber weltweit auch Spezialisten und Freelancer virtuell einzubinden, werden sich Wertschöpfungsprozesse verändern, ebenso wie Organisationstrukturen und Formen der Zusammenarbeit.

In dieser neuen, hybriden Welt, in der die physisch-gegenständliche Welt entlang der gesamten Wertschöpfungsketten mit den digital-virtuellen Konzepten des Metaverse verschränkt sein wird, entstehen völlig neue Qualitäten hinsichtlich Verfügbarkeit und Zugang, Reichweite und Agilität, Kosten und Ressourceneinsatz.

Auf dem Weg zum Corporate Metaverse

Die Aufgabenstellung Corporate Metaverse ist eine strategische, mit nachhaltigen Veränderungsanforderungen für die gesamte Organisation. Und zugleich ist der Einstieg für Unternehmen und Organisationen jeder Größe niederschwellig möglich und sinnvoll. Hierzu einige Empfehlungen:

  • Das Konzept (Corporate) Metaverse muss auf Top-Management-Ebene verstanden sein, weil es auf Märkte, Geschäftsfelder und Produkte sowie alle Geschäftsprozesse wirkt.
  • Es handelt sich dabei um eine neue, organisationsquerschnittliche, plattformbasierte und integrative Software-Kategorie mit sehr vielen Schnittstellen zwischen gegenständlicher, digitaler und virtueller Welt. Der erzielbare Nutzen korrespondiert eng mit einer umfassenden Implementierung in diesem Sinne.
  • TechnischePPProduktwertschöpfung muss integrativer gedacht und umgesetzt werden, damit aus Konstruktionsmodellen (CAD, BIM) in einem definierten und automatisierten Prozess vollwertige virtuell-digitale Zwillinge entstehen, die für virtuelle Inbetriebnahme ebenso einsetzbar sind wie für Schulung und Training, Marketing und Sales, technischen Support und neue Metaverse-basierte Dienstleistungen.
  • Der Einstieg ist weder kompliziert, noch teuer. Virtuelle Welten – als zentrales Element – lassen sich als Software-as-a-Service einfach mieten – für Meetings/Workshops, Schulungen/Training, Showroom/Events – und dann sukzessive zu Corporate Metaverse Lösungen ausbauen.

Produktivitätsbooster – Generative KI und Virtual Humans

Generative KI kann nicht nur in Sekundenschnelle Texte und Bilder erzeugen, sie ist in der Lage ganze virtuelle 3D Umgebungen entsprechend definierter Anforderungen zu erstellen. Etwa einen Showroom im passenden Unternehmensdesign mit ausgewählten Produkten und jede Menge spezifischer Produktinformation, vermittelt im interaktiven Dialog mit einem avatarbasierten KI-Agent, der sich in Sprache und Sprachniveau auf die Besuchenden einzustellen vermag. Oder eine Produktschulungsumgebung, ausgestattet mit virtuell-digitalen Produktzwillingen und KI-Agenten, die jeweils über das aktuellste Wissen zum Produkt verfügen und dieses auf zielgruppenspezifischem Niveau vermitteln. Nur zwei Beispiele, was derzeit in der Kombination generative KI, Virtual Humans und Metaverse möglich ist.

Wertschöpfungsketten optimieren – neue Geschäftsmodelle generieren

Virtuell-immersive Welten, Digitale Zwillinge, XR, Avatar-basierte Präsenz, autonome KI-Agenten beginnen Wertschöpfungsprozesse sichtbar zu verändern. Viele Unternehmen haben noch kein Bewusstsein dafür, wie fundamental die resultierenden Veränderungen sein werden und dass es sich um eine Entwicklung mit zunehmend hoher Geschwindigkeit handelt. Unternehmen, die diese Veränderungspotenziale jedoch rechtzeitig und konsequent antizipieren, optimieren nicht nur ihre Wertschöpfungsprozesse, sie sind auch bereit für die Metaverse Geschäftsmodelle der Zukunft.

Literatur

[1] de.statista.com/outlook/amo/ metaverse/weltweit [Abruf: 11.12.2023]

[2] digital-strategy.ec.europa.eu de/policies/virtual-worlds [Abruf: 11.12.2023]

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 02/2024 MÄR/APR

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